LIEDER LÜGEN NICHT

 

 

[Ein potenzieller Quereinsteiger (Q) in den Lehrberuf informiert sich bei einem alt gedienten Lehrer (L).

Die blau gedruckten Sätze sind kommentierende Songzitate;

diese können aus Copyright-Gründen hier leider nicht direkt angehört werden, Interpreten und Titel der durchnummerierten Lieder sind aber unten angegeben.]

 

 

 

"Danke für meine Arbeitsstelle, danke für jedes kleine Glück..."  (1)

 

Q: Na ja, ich habe zwar keinen schlechten Job, aber dieser Vertreter des Kultusministeriums hat mir einen Berufswechsel schon sehr schmackhaft gemacht. Sie sind ja an einem musischen Gymnasium tätig, ich bin sehr musisch interessiert, da dachte ich, sie könnten mich vielleicht beraten.

Ich muss zugeben, dass natürlich ein Anreiz für mich wäre, dass man als Gymnasiallehrer ja offensichtlich recht klotzig verdient...:

 

"Ich wär' so gerne Millionär, dann wär' mein Konto niemals leer"  (2)

 

L (belustigt): Ah ja? Sagt das das Kumi?

 

"Na, hob'n tua i gar nix, i hob nix, kriag nix und i bin nix"  (3)

 

Q: Wir könnten uns dann auch endlich mal eine tolle Reise gönnen, von der meine Freundin schon lange träumt...

 

L: Da kann sie sich ja mal mit meiner Frau unterhalten...

 

"Du meinst die Butterfahrt nach Bingen, zu Fuß zur Lorelei,

mit dem Fahrrad durch die Eifel, 1000 Mücken und wir zwei"  (4)

 

 

Q: Und dann hätte ich auch während der Woche mehr Zeit. In meinem bisherigen Beruf habe ich halt auch keine 40-Stunden-Woche. Als Lehrer könnte ich da schon eher mal verschnaufen.

 

"Every day will be like a holiday"  (5)

 

L(bitter): Eine 40-Stunden-Woche werden Sie allerdings wirklich nicht haben...

 

"Eight days a week, eight days a week"  (6)

 

"Das ist normal, stinknormal, aber ganz schön hart, sag ich dir"  (7)

 

"Under pressure, pressure"  (8)

 

Q: In meinem jetzigen Beruf sind außerdem die Aufstiegsmöglichkeiten recht beschränkt. Karriere kann ich da nicht wirklich machen. Da verspreche ich mir im Schuldienst schon mehr.

 

"Ein Schritt vorwärts"  (9)

 

L(trocken): Soso...

 

"... und zwei Schritt zurück"  (10)

 

Q: Jedenfalls kann man doch ziemlich schnell befördert und Oberstudiendirektor oder so was werden, oder?

 

L(leicht amüsiert): Wenn Sie das sagen...

 

"Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, es fährt ein Zug nach Nirgendwo..."  (11)

 

 

Q: Für das Selbstbewusstsein ist das nämlich schon wichtig, wenn Leistung honoriert wird.

 

"We are the champions, we are the champions,

no time for losers, for we are the champions"  (12)

 

Das sehen Sie doch auch so, oder?

 

L (verzieht nur das Gesicht)

 

"O o o o, frach mich net, wie's mir geht"  (13)

 

Q: Heißt das, Sie ziehen z.B. mit gemischten Gefühlen morgens von zu Hause los?

 

L: Na ja, "gemischt" nicht wirklich...:

Es ist ja nicht so, dass ich ins Auto einsteige und es kaum erwarten kann, in der Schule anzukommen...

 

"I'm on the highway to hell, I'm on the highway to hell,

I'm on the highway to hell, highway to hell"  (14)

 

Und wenn ich dann auf den Lehrerparkplatz fahre, mache ich mir über meine Situation auch keine falschen Hoffnungen mehr.

 

"I'm a loser, I'm a loser…"  (15)

 

Q(verunsichert):

Sie malen das aber jetzt doch in sehr schwarzen Farben. In Ihrem Kollegium z.B. finden Sie doch sicher Rückhalt, nicht wahr? Stimmt da wenigstens der Zusammenhalt?

 

"Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein,

weil sie eines im Leben können, für einander da zu sein"  (16)

 

L(achselzuckend):

Sofern ich sie überhaupt zu Gesicht bekomme. Die Kolleginnen fehlen ja oft längere Zeit:

 

[Baby-Laute]  (17)

 

und die Kollegen verkriechen sich auch des Öfteren:

 

"Frank liegt krank im Schrank, denn er hat keine Lust auf Arbeit,

keine Lust auf Arbeit, denn der Job, der Job, der Job den er macht,

der macht ihm zu viel Krach, da kriegt er Ohrensausen"  (18)

 

Q(ungläubig): Was sagt denn da die Schulleitung dazu? Der Chef versteht es doch sicher, sich in die Befindlichkeit seiner Mitarbeiter einzufühlen...

 

L(nickt übertrieben):

 

"So subtil wie ein Panzer, so einfühlsam wie die Autobahn"  (19)

 

Q: So ein Chef freut sich wahrscheinlich sogar darüber, wenn seine Mitarbeiter zu ihm kommen und ihm ihr Herz ausschütten möchten...

 

L(sarkastisch): Aber hallo!

 

"Das sind Dinge, von denen ich gar nichts wissen will,

lass mich doch in Ruh' und texte mich nicht zu.

Das sind Dinge, von denen ich keine Ahnung haben will,

behalt' den Kram für dich, es interessiert mich nicht!"  (20)

 

Q: Aber die Schulleitung ist doch wenigstens in der Lage, Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, oder?

 

L(ironisch): Die ganzen Fortbildungen können ja nicht für die Katz' sein, klar...:

 

"Don't worry, don't worry, don't do it, be happy,

put a smile on your face, don't bring everybody down"  (21)

 

Q: Außerdem kümmert sich auch der Kultusminister um seine Untergebenen. Der ist ja auch vom Fach und interessiert sich doch für das, was an Schulen abläuft...

 

L(schaut skeptisch):

 

"Völlig losgelöst von der Erde, schwebt das Raumschiff, völlig schwerelos"  (22)

 

Q: Sowieso kann man immer noch das Gespräch mit den Eltern suchen. Es wäre sowieso total sinnvoll, die viel mehr ins Schulgeschehen einzubinden!

 

L(sarkastisch): Genau. Die kennen sich ja bestens aus:

 

"Klugscheißerman, blablablabla, Klugscheißerman,

Verheiratet mit Rechthabewoman, oh my God"  (23)

 

Kritisieren Sie die Kinderlein aber nicht zu direkt, wenn ich Ihnen diesen Tipp geben darf.

Vor allem manche Elternbeiräte reagieren da bisweilen recht empfindlich:

 

"Hör mal, Mann, mach meinen Engel nicht an,

sonst kriegst du dermaßen was in die Schnauze"   (24)

 

 

Q (sinnend): OK, Schulleitung und Kultusministerium hin, Eltern her: Im Vordergrund der pädagogischen Arbeit stehen doch eh die Schüler...

 

L: Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: Wahren Sie lieber Abstand...

 

"Sie sind verdreckt und keiner hat sie gern,

halte dich von diesen Kindern fern,

sie sind unintelligent und wollen auch nichts lern',

halte dich von diesen Kindern fern."  (25)

 

Q: Trotzdem: Es verschafft einem doch eine enorme Befriedigung, wenn man spürt, dass man was bewirken kann...

 

"Danke, dass ich dein Wort verstehe, danke, dass deinen Geist du gibst"  (26)

 

 

L(mitleidig): Das sind jetzt nicht 100-prozentig exakt die Worte, die Lehrer von Schülern hören:

 

"Ich find' dich Scheiße, so richtig Scheiße,

Ich find' dich Sch-Sch-Sch-Sch-Sch-Sch-Scheiße"  (27)

 

 

Q (entrüstet): Also bitte! Es muss einem doch ganz einfach das Herz aufgehen, wenn man mit jungen, motivierten Menschen arbeiten kann.

 

L (sarkastisch): Motiviert? Hm mh.

 

"Please don't wake me, no, don't shake me,

leave me where I am, I'm only sleeping"  (28)

 

"Let me go home, let me go home

I wanna go home, let me go home

Why don't you let me go home?"  (29)

 

Q(unbeirrt): Es sind doch bestimmt nicht alle Schüler faul. Viele wollen doch auch was lernen, davon bin ich überzeugt.

 

L: Aber was sie halt lernen wollen...:

 

"Lass uns schmutzig Liebe machen, alle diese wilden Sachen,

die man nur aus Filmen kennt, die man nie beim Namen nennt"  (30)

 

 

(ironisch): Und das wollen sie dann bestimmt nicht von mir lernen...

 

(wieder ernst): Egal: Ich bin ja schon zufrieden, wenn die Schüler nicht nerven:

 

"Silence is golden, golden, Silence is golden, golden"  (31)

 

 

Q: Jetzt mal konkret: Können Sie mal ein Beispiel geben, wieso Sie behaupten, dass Schüler nerven?

 

L (sarkastisch): Dürfen es auch mehr Beispiele sein?

 

"Gemecker und Gequengel, Gemecker und Gequengel"  (32)

 

"I can't control myself, I can't control myself, I can't control myself, Baby!"  (33)

 

"Das geht mir alles so am Arsch vorbei, an meinem Riesenhinterteil,

bekomme ich auch Probleme, dann gähne ich ganz fürchterlich,

das geht mir alles so am Arsch vorbei"  (34)

 

"Yippie yippie yeah, yippie yeah, Krawall und Remmidemmi"  (35)

 

"A Bua zeigt mir den Vogel, Plemplempalem plemplempalem plemplempalem"  (36)

 

"Ich krieg' ne Meise, weil, ich fass kein Buch mehr an,

Literatur, da wird mir übel",

und die Arzt-Romane hab' ich mit 12 schon hinter mich gebracht,

Mann, bin ich belesen"  (37)

 

"Wie vui Hirn hot a Marionettn? Es ist die Zeit der Deppen!"  (38)

 

"Es ist geil ein Arschloch zu sein, es ist geil, so richtig dreckig und gemein,

wenn du ein Schwein bist, gehört dir alles allein, es ist geil ein Arschloch zu sein"

  (39)

 

"Du hast es nie gelernt dich artizukulieren"  (40)

 

"Meine Lehrer san verzweifelt, mei was ham sich die bemüht,

koa Watschn und koa Kopfnuss hat mich zum Erfolg geführt;

Erfolg war mir seit jeher fremd, der liegt mir net im Bluat

mir liegt halt des Versagen, des is mei Fach, da bin i guat"  (41)

 

Q (sucht nach Argumenten):

 

Vielleicht lässt es die Schule nur nicht zu, dass sich die Schüler entfalten. Bei Fächer übergreifendem Unterricht oder bei Projekten z.B. könnten sich die Schüler kreativ einbringen!

 

L (lacht bitter): Jaja, die haben da ganz tolle Ideen:

 

"O Baby, Baby, Baby, fessle mich, o bitte, bitte, bitte fessle mich,

o Baby, Baby, Baby, fessle mich, mit deinen Socken"  (42)

 

Q: Trotzdem: Es sind ja noch nicht ausgewachsene Menschen, da kann man nicht zu viel verlangen. Entscheidend ist doch, wenn man merkt, dass man sie motivieren kann...:

 

L(sarkastisch): Genau. Die gieren so richtig nach meinen Weisheiten...

 

"Des is ois a Kaas, des is ois a Kaas, des is ois a Kaas. Kaas."  (43)

 

Q: Na ja, manche Lehrer schaffen das wohl schon...:

 

"Eine 1 im Rechnen, eine 2 in Latein,

und die ganze Klasse fragt, wie kann das sein.

Auch in den andren Fächern ist sie gut wie nie – "  (44)

 

L(sarkastisch): - So einen Motivationskünstler möchte ich mal sehen...

 

"Schule? Schule? Nein Danke!"  (45)  

 

 

Q: Na ja, das klappt natürlich nicht bei jedem...

 

L(fühlt sich angegriffen): Was soll das heißen?

 

Q:

"Verliebt in den Lehrer ist Mary Lorraine,

verliebt in den Lehrer, seit sie ihn gesehen.

Und sie kann nachts nicht schlafen, denn sein Bild steht vor ihr,

und er lächelt sie an: ich gehöre nur dir!"  (46)

 

L (säuerlich): Tja, was sich liebt, das neckt sich wohl:

 

"Geh doch zu Hause, du alte Scheiße, geh doch zu Hause, bleib nicht hier,

geh' doch zu Hause, du alte Scheiße, du wirst zu Hause gebraucht und nicht hier,

geh doch zu Hause, du alte Scheiße..."  (47)

 

 

Q: Und wenn Sie zu Hause sind? Reden Sie mit Ihrer Frau über die Schule?

 

L(nickt):

 

"So ein Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle?

Eiskalt lässt du meine Seele erfrieren. Das ist Wahnsinn!"  (48)

 

 

Q: Das klingt aber sehr herzlos!

 

L: Sie hat ja auch kein Mitleid mit mir!

 

"Du musst dahin, wo's weh tut, dahin, wo es schmerzt,

(...) du musst dahin, wo's weh tut, da wo man dich hasst,

(...) du musst dahin, wo's weht tut, wo man dich verletzt,

(...) und wo die Feinde sind, ja du musst leiden, mein Kind"  (49)

 

Q: Na, Sie haben vielleicht eine Beziehung...!

 

L: Im Vergleich zur Schule habe ich doch zu Hause das reinste Paradies...!

 

"Nananana, mit geht es richtig Scheiße,

nananana, mir geht es richtig Scheiße,

ich frag' mich: 'Was mach' ich eigentlich hier?"  (50)

 

 

Q: Ach, Sie sind einfach ein totaler Schwarzmaler. Ich glaube, in Wirklichkeit fühlen Sie sich gar nicht so schlecht als Lehrer.

 

L(sarkastisch): Glauben Sie?!

 

"I bin a Versager, hehe, born to lose,

I bring die andern nix als wia Verdruss,

in der Früa, wann I aufsteh,

steh I auf mit dem linken Fuß und sing meinen Blues,

I bin a Versager, born to lose"  (51)

 

J: Egal: Falls ich später mal doch nicht zufrieden sein sollte, dann kann ich mich ja wieder nach einem anderen Job umschauen.

 

L: Machen Sie sich da jetzt lieber nichts vor...:

 

"Lebenslänglich Knast, nur wenn du dich gut führst,

darfst du früher gehen, wenn du Glück hast..."  (52)

 

Q (lässt das auf sich einwirken):

Jetzt haben Sie es doch geschafft, mich ein bisschen zu verunsichern..., hm.

Aber ich denke da jetzt an einen guten Kumpel von mir. Ich glaube, für den wäre der Lehrerjob vielleicht doch genau das Richtige!

 

L(irritiert): Was? Was ist das denn für ein Typ?

 

Q: Na ja, er ist Mitglied bei den A M.

 

L: A M? Was soll das für ein Verein sein?

 

Q: Das sind die Anonymen Masochisten.

 

[Stöhnen]  (53)

 

 

 

 

 

 

 

Quellen (Interpreten und Songtitel):

 

(1)  Die Ärzte: "Danke für jeden guten Morgen"

(2)  Die Prinzen: "Millionär"

(3)  Herbert und die Pfuscher: "Naa, i hab gar nix"

(4)  Rodgau Monotones: "Mach's gut"

(5)  William Bell: Every day will be like a holiday"

(6)  The Beatles: "Eight days a week"

(7)  Rodgau Monotones: "Normale Härte"

(8)  Queen: "Under pressure"

(9)  Rodgau Monotones: "Ein Schritt vorwärts"

(10)  "Rodgau Monotones: "Ein Schritt vorwärts"

(11)  Christian Anders: "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo"

(12)  Queen: "We are the champions"

(13)  Rodgau Monotones: "Frach mich net"

(14)  ACDC : "Highway to hell"

(15)  The Beatles: "I'm a loser"

(16)  Franz Beckenbauer: "Gute Freunde"

(17)  Ralf Bendix: "Babysitter Boogie"

(18)  Morgenrot: "Frank liegt krank im Schrank"

(19)  Die Ärzte: "Ein Mann"

(20)  Die Ärzte: "Dinge von denen"

(21)  Bobby McFerrin: "Don't worry, be happy"

(22)  Peter Schilling: "Major Tom"

(23)  Die Ärzte: "Besserwisserboy"

(24)  Udo Lindenberg: "Cowboy Rocker"

(25)  Madsen: "Diese Kinder"

(26)  Die Ärzte: "Danke für jeden guten Morgen"

(27)  TicTacToe: "Ich find' dich Scheiße"

(28)  The Beatles: "I'm only sleeping"  

(29)  The Beach Boys: "Sloop John B"

(30)  Die Schröders: "Lass uns schmutzig Liebe machen"

(31)  The Tremeloes: Silence is golden"

(32)  Norbert und die Feiglinge: " Gemecker und Gequengel"

(33)  The Troggs: "I can't control myself"

(34)  Marco Kloss: "Das geht mir alles so am Arsch vorbei"

(35)  Deichkind: "Remmidemmi"

(36)  Die Echten: "I bin Lehra"

(37)  Nina Hagen: "TV-Glotzer"

(38)  Werner Schmidbauer / Martin Kälberer: "Zeit der Deppen"

(39)  Christian: "Es ist geil ein Arschloch zu sein"

(40)  Die Ärzte: "Schrei nach Liebe"

(41)  Herbert und die Pfuscher: "I bin a Versager"

(42)  Rodgau Monotones: "Baby, Baby, Baby, fessle mich"

(43)  Herbert und die Pfuscher: "Poesie und Jazz"

(44)  Christian Anders: "Verliebt in den Lehrer"

(45)  Dennis und die Wilde Dreizehn: "Schule, nein Danke"        

(46)  Christian Anders: "Verliebt in den Lehrer"

(47)  Mickie Krause: "Geh doch zu Hause, du alte Scheiße"

(48)  Wolfgang Petry: "Wahnsinn"

(49)  Virginia Jetzt: "Du musst dahin, wo's weh tut"

(50)  Killerpilze: "Richtig Scheiße"

(51)  Herbert und die Pfuscher: "I bin a Versager"

(52)  Virginia Jetzt: "Mein Herz ist keine Wohnung"

(53)  Jane Birkin And Serge Gainsbourg: "Je t'aime ... moi non plus"